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Pilatusstrasse

Die „Bahnhofstrasse von Luzern“

Am Allerseelentag 1896 wurde der neue Bahnhof eröffnet. Noch am selben Tag begannen die Bauarbeiter damit, die Schienen aus der Pilatusstrasse zu entfernen. Das aufgehobene Bahntrassee wandelte sich innerhalb nur eines Jahres zu einer repräsentativen, von Baumreihen gesäumten Prachtstrasse, schon bald der bedeutendsten Geschäftsstrasse der Stadt.

1899 wurde das Hotel Monopol eröffnet, 1900 folgten das anschliessende Hotel Bristol (heute Kofler und Imgrüth), das Wohnhaus, in dem 1909 das Hotel Schiller eingerichtet wurde (heute Hotel Renaissance) und das Hotel De Paris (heute Blue Bar). 1908 wurde das erste Kino der Stadt Luzern ebenfalls an der Pilatusstrasse eröffnet, im Haus an der heutigen Hausnummer 34.

Die mondäne Pilatusstrasse auf einer Ansichtskarte von 1904, links das Hotel Monopol, rechts das Hotel Gotthard. 1899 fuhren die ersten Trams durch die Pilatusstrasse. Die Linie 1 zwischen Maihof und Kriens verkehrte bis 1961, die Linie 2 vom Bahnhof nach Emmenbrücke war schon 1959 eingestellt worden.

Immer wieder wurde die Pilatusstrasse mit der Bahnhofstrasse in Zürich verglichen. Kuno Müller, Rechtsanwalt und Lokalhistoriker schrieb 1949 in einer Quartierchronik über die Vielfalt in der Hirschmatt: „Am mannigfaltigsten sind im Quartier die Schaufenster. Grossstädtische Geschäfte, die am Tag ihrer Eröffnung unzweifelhaft das Letzte und Modernste bieten [an der Pilatusstrasse], wechseln mit veralteten Vitrinen [im übrigen Quartier]. Vornehme, ruhige Auslagen stehen neben solchen, die gar vorstädtisch anmuten und in ihrer Verwittertheit schon romantisch wirken. Zuweilen sind die Kaufläden halbe Lagerräume, und oft gehen sie unvermittelt in Werkstätten und Schuppen über. Entdeckungsfahrten der Jugend finden Anregendes genug. Im ganzen Quartier wohnen die Zuckerbäcker, die gar köstliche Leckereien verkaufen und unter denen einige stadtberühmt sind.“

In den Sechziger- und Siebzigerjahren veränderte sich das Gesicht der Pilatusstrasse – zum Teil dramatisch. Zwischen dem Bahnhof und der Hirschmattstrasse wurde mit Ausnahme des Nationalbankgebäudes (Sammlung Rosengart) die ganze Häuserzeile ersetzt. Betroffen war aber nur die Nordfront der Pilatusstrasse. Auf der anderen Seite des Viktoriaplatzes – zwischen Kellerhof und Pilatusplatz – blieb ebenfalls kein Haus stehen. Dort war allerdings nur die südliche Strassenseite betroffen, während die gegenüberliegende Häuserfront intakt blieb. Die meisten Neubauten sind sieben- und achtgeschossige Wohn- und Geschäftshausblöcke „mit zum Teil platten Fassaden“, wie es im Stadtführer „Luzern entdecken“ von 2016 heisst.

Den Anfang der Erneuerungswelle machte das Hotel Astoria, das 1957 anstelle des Hotels Jura in einem modernen, bewusst sachlichen Stil gebaut wurde. 1963 wurde das Hotel Gotthard am Bahnhofplatz abgerissen. Aufgrund des sumpfigen Baugrundes dauerte es aber sechs Jahre, bis der Schweizerische Bankverein (heute UBS) in den Neubau einziehen konnte – ein Neubau, der wegen seines architektonischen Kontrastes immer noch als ein Fremdkörper in der Häuserfront am Bahnhofplatz empfunden wird. Zwischen 1969 und 1973 entstand die neue Kantonalbank, zwischen 1977 und 1979 der Flora-Komplex. Am anderen Ende der Pilatusstrasse wurde 1980 der Neubau der Volksbank Willisau vollendet (heute Valiant Bank). Der Vorgängerbau wies starke Senkschäden auf, die bei Rammarbeiten auf dem Nachbargrundstück entstanden waren.

Blick von der Sempacherstrasse auf die Pilatusstrasse, um 1903: Die Vereinigten Mühlen mussten nach 1905 dem neuen Kantonalbankgebäude weichen. Dieses wurde 1909 eingeweiht. Am linken Bildrand  ist das Wohnhaus zu sehen, das 1909 in das Hotel Schiller umgebaut wurde, rechts die Hirschapotheke. Hier befindet sich heute noch eine Apotheke.

Die Pilatusstrasse um 1898 an der Stelle, wo später das neubarocke Prunkgebäude der Kantonalbank entstand. Die Bahngleise sind entfernt, die Bürgenstrasse ist in die Pilatusstrasse aufgegangen. Am rechten Bildrand ist das Gerüst der Pilatushof-Baustelle zu sehen (heute La vie en rose), auf der gegenüberliegenden Strassenseite stehen das Café Bank vor der Buobenmattstrasse und die vorgebauten Lagerschuppen des Getreidehändlers Schaller. Diese wurden 1905 wegen des Kantonalbank-Neubaus abgebrochen wurden. Unten im Bild ist eine der Gaslaternen zu erkennen, mit denen die Strassen der Stadt bis 1918 beleuchtet wurden.

Das Hotel Garni Schiller an der Pilatus- und Sempacherstrasse: Das Gebäude wurde 1899 als Wohnhaus erstellt und 1909 – in der Blütezeit des Tourismus – in ein Hotel umgewandelt. Seit 2011 heisst es Hotel Renaissance, weil es von der Marriott-Gruppe als Franchisenehmerin betrieben wird. Besitzer ist Urs Karli, dem auch das Hotel Astoria und The Hotel gehören. In der Strasse vor dem Hotel sind die Gleise der Luzerner Trambahn zu erkennen.

Die ursprüngliche Pilatusstrasse zwischen der Obergrund- und der Hirschmattstrasse vor 1896 mit dem Vorgarten des Hotels Jura ...

... und nach dem Ausbau der Strasse zu einem Stadtboulevard. Das Hotel Jura wurde 1955 abgerissen und 1957 durch das Hotel Astoria ersetzt.

Der Pilatusplatz in einer Ansicht von 1903: Vorne rechts an der Ecke zur Pilatusstrasse steht der Vorgängerbau des Volkshauses (heute Hotel Anker), das 1913 eröffnet wurde. Auffällig ist die architektonische Ähnlichkeit der privaten Villa und des Genossenschaftsbaus. Von 2014 bis 2016 ist der Anker saniert worden. Das neue Hotel umfasst unter anderem neun freistehende Hotelzimmerboxen im 6 bis 7 Meter hohen denkmalgeschützten Saal. Hinten im Bild ist das ehemalige Bürgerspital (heute Teil der Stadtverwaltung) zu erkennen. Vorne biegt eine Trambahn in die Obergrundstrasse ab.

Die obere Pilatusstrasse auf einer Postkarte von 1909: Links ist das Wirtshaus zur Schmiede am Pilatusplatz zu erkennen;  die „Schmitte“, wie sie im Volksmund hiess, wurde 2011 abgerissen. Rechts befindet sich die Möbelhandlung Ueberschlag-Biser (an der Pilatusstrasse 46), deren Werbung auch auf der anderen Strassenseite zu sehen ist. Vor dem Ersten Weltkrieg gab es nicht weniger als 17 Möbelhersteller- und händler im Quartier. Jakob Ueberschlag war einer der erfolgreichsten. Er war 1904 nach Luzern gekommen und hatte sich in das Möbelgeschäft seiner Frau, Elise Biser, eingeheiratet. 1921/22 installierte er eine permanente Wohnschau in der Festhalle. Diese umfasste 200 Musterzimmer. 1924 erwarb er das Haus an der Pilatusstrasse 20, das Teil des 1920 geschlossenen Hotels Victoria war. Der Familienbetrieb wurde über drei Generationen als Möbelgeschäft geführt. 2009 ging die Firma in Liquidation.


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